Marianne Sydow
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Marianne Sydow
 
Unser täglich Schwachsinn
 

"Wir sind die Guten"
oder:
12.12.2007 - Wie wunderbar lebt es sich doch
mit der Privatisierung der Paket-Zustellung

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Die Situation: Ich habe etwas bestellt, per Nachnahme, bei einem bekannten on-line-Shop ("Wir sind die Guten").

Dieser Shop - weiß ich seit heute - liefert nur und absolut ausschließlich über einen privaten Zustelldienst.

Private Zustelldienste sind angeblich von Natur aus besser, schneller, freundlicher als die Post, kurzum: einfach erstklassig. Und natürlich auch viel preiswerter.

Aber: weder der Online-Shop noch der private Zustelldienst sind imstande, eine Absprache über den Liefertermin zu treffen: Man kriegt bestenfalls einen Tag genannt, und im Laufe dieses Tages wird geliefert - irgendwann zwischen 8.00 und 18 Uhr, kann auch 19 Uhr werden, je nachdem, wie der Fahrer das schafft.

Mit anderen Worten: Um eine bestellte Ware in Empfang nehmen und bezahlen zu können, muß der Kunde sich auf eine 10 bis 11 stündige Wartezeit einrichten. Während dieser 10 - 11 Stunden muß er unausgesetzt darauf gefaßt sein, sofort die Tür zu öffnen, wenn der freundliche private Zustell-Bote klingelt. (Freundlich sind die Boten übrigens wirklich, ist Firmenvorschrift: immer ein dynamisches Lächeln im Gesicht).

Nun kann es durchaus passieren, daß der Kunde zwischendurch mal ganz dringend aufs Klo muß. Da klingelt´s. Wer dann nicht ganz schnell (notfalls mit runtergelassener Hose) die Tür öffnet, darf das Ganze am nächsten Tag noch mal wiederholen. Es kann aber auch sein, daß vor der Tür jemand steht, der selbst noch nie was mit privaten Zustell-Diensten zu tun hatte und die Panik-Reaktion des Kunden absolut falsch versteht. Macht nichts: Wer etwas haben will vom onlineShop ("Wir sind die Guten"), muß eben auch bereit sein, kleine Opfer zu bringen.

Bei meiner Anfrage beim freundlichen, hilfsbereiten privaten Zustell-Service wurde ich ungeduldig, unwillig, mißmutig behandelt, von Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Zuvorkommen und Flexibilität keine Spur. Beim online-Shop auch - der Herr wurde grob unhöflich. Irgendwelche Ausweichmöglichkeiten gibt es nicht, nicht einmal die Chance, auf Wunsch eine Bestellung auch mal - ganz flexibel - per Post abzuwickeln. Es kam lediglich die Anregung, das Geld (wie gesagt: Nachnahme-Sendung) bei einem Nachbarn zu hinterlegen.

Meine Nachbarn haben aber auch keine Zeit, den ganzen Tag auf den privaten Zustelldienst zu warten.

Zweite Möglichkeit: ich kann´s selbst beim privaten Zustelldienst abholen - in Berlin-Reinickendorf. Das sind für mich 150 km, einfache Strecke versteht sich.

Wäre das eine Post-Zustellung, dann wüßte ich: meine Zustellerin kommt so ungefähr zwischen 10 und 14 Uhr. Wenn ich nicht da bin, fahre ich die 8 km bis in den nächsten Ort und hole mir mein Paket dort ab. Wenn ich nicht fahren kann, läßt sich die Sache mit einem Anruf klären - höflich und freundlich vereinbart man einen Termin, der schlimmstenfalls zwei bis drei Stunden umfaßt.

Erhebt sich noch die Frage: ist der private Zustelldienst wenigstens billiger?

Für das Post-Paket plus Nachnahmegebühr hätte ich 10.90 Euro bezahlt. Beim Privaten kostet es 11.99. Und wenn ich´s beim Privaten abholen wollte, würde es für mich richtig teuer!

Für mich persönlich gilt jetzt die Devise: Online kaufe ich nur noch bei Shops, die die Möglichkeit des Post-Versands zulassen. Das ist offenbar auch im Sinne der Firma mit dem selbstbewußten Slogan, denn auf meine Beschwerde erhielt ich folgende Antwort (Zitat):

"Sehr geehrte Frau Ehrig,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Wir bedauern sehr, dass wir Ihnen die Sendung in unserem Onlineshop lediglich per (xxx) anbieten können. (xxx) ist unser kooperierender Versandpartner für Kleingeräte. Den Versand über ein anderes Transportunternehmen
können wir leider nicht durchführen.

Sollten Sie daher nicht mehr an der Ware interessiert sein, verweigern Sie bitte die Annahme, dies kommt einer Storniernung gleich. Die Rücksendung wird durch (xxx) auch automatisch durchgeführt, sofern 3 Zustellversuche erfolglos geblieben sind.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne via eMail unter
yyy zur Verfügung.

Mit den besten Grüßen aus Berlin,

Ihr yyy Online Kundenservice

So einfach ist das: entweder nimmt man sich die 10 bis 11 Stunden frei, oder man verzichtet eben auf die Ware.

Aber: wenn ich eine Ware bestelle, dann will ich sie eigentlich auch haben. Und zwar schon im ersten Anlauf und nicht erst nach zwei oder drei Pirouetten!

Die hochgelobte Privatisierung: Alles viel besser. Viel flexibler. Viel billiger - oh, yeah...


(©) by Marianne Sydow am 12.12.2007

 
 
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