6. Nachtrag vom 26.3.08
Inzwischen hat man ihn also präpariert, den Bruno, und nun wird
er ausgestellt, im Schloß Nymphenburg, ausgerechnet in einer Schau
mit dem Titel "Mensch und Natur"
- soll ungeheuer lehrreich sein, ist ausgestattet mit vielem, vielem
ausgestopftem Getier und ergibt auf diese Weise auf perverse Weise sogar
einen Sinn:
Die Macher dieser Show glauben offenbar, daß man das Verhältnis
des Menschen zur Natur am besten anhand von Tieren darstellen kann,
die bereits mausetot sind - die haben den Vorteil, daß sie stillhalten,
keine Probleme machen, nicht weglaufen, nicht schreien, nicht bluten
- so ist das doch toll, nicht wahr? Daraus kann man viel
über die Natur lernen. Und über den Menschen. Und über
das Leben. Und besonders für Kinder ist das alles sehr
empfehlenswert...
Der Direktor des Museums will eine Tafel aufstellen, auf die man dann
draufschreiben kann, wie man das findet und überhaupt, und das
soll dann regelmäßig dokumentiert werden. Und auch daraus
kann man dann viel lernen. Über
die Natur. Und über Menschen. Und über das Leben.
Und natürlich vor allem über Bären.
Ich brauche nicht reinzugehen, brauche keinen Eintritt zu zahlen und
auch nicht lange darüber nachzudenken - ich hab´s im Fernsehen
gesehen, das reicht mir, und jetzt kann ich gleich von hier aus sagen,
wie ich diese angeblich so lehrreiche
"Schau" finde:
zum
Kotzen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Ich hasse das Zurschaustellen ausgestopfter Tiere. Im Fall Bruno
kommt noch hinzu: um ihn "lebensecht" beim Plündern eines
Bienenstocks zeigen zu können, hat der Präparator gleich noch
haufenweise Bienen dazugetan.
Wen kümmert´s,
wenn um des Schaueffekts willen Tiere sterben müssen?
Nun - ich hoffe, es kümmert sehr viele Menschen, die diesen ganzen
pseudowissenschaftlichen Zirkus demonstrativ in weitem Bogen meiden
und dies auch kundtun.
Die e-mail-Adresse
des Museums lautet:
museum@musmn.de
5. Zwischenbemerkung aus meiner Büchersammlung:
"Es
gibt keine schlechten Menschen, sagte der Bär, wenn sie gut zubereitet
sind" (Titel
eines Buches von Stefano Benni)
4. (Oktober 2006)
Im
Fernsehen lief ein Bericht über den italienischen Nationalpark,
aus dem der arme Bruno kam. Dort gibt´s auch noch andere Bären,
die mal über die Stränge schlagen, und Bauern, die sich darüber
aufregen könnten. Tun sie aber nicht. Menschen und Bären leben
friedlich zusammen. Manchmal kommen die Bären ins Dorf, spazieren
frühmorgens auf der Straße herum, und natürlich sieht
man sie auch in den Bergen. Die Leute sind stolz darauf. Für zwei
ganz besondere bärige Zeitgenossen, die nun tatsächlich jede
Scheu vor den Menschen verloren haben, gibt´s ein riesiges, wunderschönes
Freigehege.
Einer der werten Herrn aus Bayern, die Bruno per Anordnung auf dem Gewissen
haben, tönte damals herum, daß die Gefangenschaft für
einen Bären wie Bruno so schlimm sei, daß der Tod besser
für ihn wäre. Dieser Herr hätte sich vielleicht erstmal
ansehen sollen, wie und wo man Bruno in dessen Heimat untergebracht
hätte. Und man hätte ihn dort sehr gerne aufgenommen.
Nein, den Bruno hat man nicht getötet, weil er ein "Problembär"
war oder weil kein anderer Ausweg offen blieb, sondern weil es eben
ums Töten ging.
Und
noch immer ist die Frage ungeklärt: wer war der Scharfschütze,
woher kamen er und die Waffe, wer hat beide angefordert, und wer hat
den Einsatz bezahlt? Habe ich da vielleicht was verpaßt? Oder
wurde vielleicht gar kein Schütze bezahlt, sondern war es etwa
umgekehrt - hat der Schütze (womit auch immer) etwas dafür
gegeben, daß er einen Bären abmurksen durfte? In
Slowenien zahlen Jäger Tausende, damit sie einen "überzähligen"
Bären abknallen dürfen. (Opfer unter den todesmutigen Jägern
hat es dabei übrigens noch nicht gegeben. Ist eine völlig
sichere und bequeme Angelegenheit. Das Abknallen von Tieren im Schlachthaus
wäre dasselbe, nur nicht so schön romantisch in Grün...)
3.
Die
nächste Fortsetzung: Herr Schnappauf, zum wiederholten Male verwickelt
in einen saftigen Fleischskandal. Irgendwie hatte ich gehofft, daß
er über den Bären stolpern wird, aber so leicht verliert dieser
ehrenwerte Herr wohl nicht das Gleichgewicht. Selbst Tonnen von vergammeltem
Wildbret konnten ihn nicht ins Wanken bringen, und der neueste Fund
von einigen Tönnchen sonstiger Leckerbissen der ganz besonderen
Art werden es sicher auch nicht schaffen.
Übrigens: Nach dem Butterberg und anderen Köstlichkeiten gibt
es offensichtlich mehr tote und kühlgelagerte Wildtiere, als wir
überhaupt essen können oder wollen. Irgendwie paßt das
zu den schießwütigen Bärenjägern. Und wenn mir
jetzt jemand zu erklären versucht, daß das Gammelzeug keine
Jägerbeute war, sondern "Zucht-Wild", zweifle
ich endgültig am Sinn jeglicher Art von Sprachreform in diesem
unserem Lande. Entweder Zucht oder Wild - diese beiden Begriffe in einem
Wort zusammenzusperren, ist paradox!
2.
Inzwischen
nimmt diese ganze Geschichte immer groteskere Formen an. Während
sich die Gemeinde Schliersee heftigst über böse e-mails und
Stornierungen kostbarer Touristenbetten beklagt, versucht man gleichzeitig,
den armen Bruno als ausgestopften Leichnam fürs Heimatmuseum zu
ergattern. Ich glaube nicht, daß man damit auch nur einen einzigen
bärenfreundlichen Touristen zurückgewinnen kann!
1.
Aus
150 m Entfernung (so heißt es) habe man den bösen Problembären
gleich mit dem ersten von zwei Schüssen schnell und schmerzlos
getötet.
Hm - da muß wohl ein ausgebildeter Scharfschütze mit einem
Präzisionsgewehr zugange gewesen sein. denn bei so einem Bären
braucht´s schon was, um ihn gleich mit nur einem Schuß abzumurksen.
Es wäre wert, das mal zu hinterfragen: War zufällig gerade
ein solcher Kunstschütze samt passender Waffe zur Hand, oder hat
man ihn extra herbeigeholt? Wenn ja - woher? Kam er von der Bundeswehr
oder vom Bundesgrenzschutz oder irgendeinem Sonderkommando? Wenn ja,
hat man ihn anfordern müssen, auf dem Dienstweg - wer war´s,
wer hatte das Recht dazu, und wer bezahlt diesen Einsatz? Und wenn man
nun schon solche Vorkehrungen getroffen hat - hätte dann die Zeit
nicht genausogut dazu genutzt werden können, einen anderen Weg
zu suchen und den Bären doch nur zu betäuben?
Aber diese Absicht hat ja nie bestanden. Herr Schnappauf hatte Brunos
Todesurteil längst gefällt, gleich zu Beginn, kaum daß
man die ersten Spuren gefunden hatte. Nur das wütende Echo aus
der Öffentlichkeit hat ihn dazu bewogen, noch ein bißchen
zu warten. Die Zeit der Fußball-WM war grandios gewählt -
hinter der hat man ja auch andere schlimme Entscheidungen versteckt.
Bruno der Bär hatte nie eine Chance. Und was den schnellen, schmerzlosen
Tod betrifft - glaubt da irgend jemand dran? Ich nicht. Das ist doch
bloß eine Schutzbehauptung - damit will man uns doch nur besänftigen.
Laßt
uns alle gemeinsam hoffen, daß Brunos Tod wenigstens nicht ganz
umsonst war, daß ein paar tötungswütige Leute ihren
Hut nehmen müssen und daß sich das Ganze unter den Bären
soweit herumspricht, daß keiner von ihnen mehr denkt, er wäre
in Bayern als Gast willkommen. Bayern ist kein gastfreundliches Land
für Bären und andere "wilde" Tiere - da gibt´s
Bauern, die sogar den Bibern schon wieder ans Fell wollen, und natürlich
den Kormoranen und den bösen Eisvögeln, weil diese spatzengroßen
Vögelchen ganze Fischteiche leerfressen. Und so weiter.
Hört zu, ihr Bären und anderes Getier: geht nicht nach Bayern,
und auch nicht nach Österreich. Meidet diese gastfreundlichen Gegenden.
Seht euch woanders nach einem neuen Zuhause um!
(©)
by Marianne Sydow, 26.6.2006-31.10.2006