Der Schleusenbruch erwies sich als komplizierter Fall. Man hatte die Dichtung
des Außenschotts vor rund einhundert Jahren erneuert und dabei offenbar
das falsche Material benutzt. Die Dichtung war weich und porös geworden.
An der oberen Kante war sogar ein Stück herausgefallen. Das System
- übervorsichtig, wie es nun mal war - hatte das Gebiet weiträumig
abgeriegelt. Es weigerte sich vehement, Jonna von innen an das defekte
Schott heranzulassen. Sie mußte durch eine weit entfernte Schleuse
nach draußen gehen und sich über etliche Terrassen samt den
dazugehörigen Begrenzungsmauern bis zu der bewußten Tür
durchkämpfen, um das Schott dann von außen zu versiegeln.
Das dauerte. Und danach kamen die üblichen Formalitäten.
Als Jonna endlich dazu kam, wieder nach dem Geist zu sehen, war der Kerl
prompt verschwunden. Die beiden Außendienstler hatten nichts ausrichten
können. Der Cykon war leer, und die Wohnung, in der er stand, war
es auch. Der Kokon hatte offenbar nur als virtuelle Zwischenstation gedient
- der Dieb hatte sich niemals darin aufgehalten. Seine Identität
war nach wie vor unbekannt. Alle Spuren waren mittlerweile erkaltet. Jonna
konnte die Panne auch nicht den beiden Außendienstlern in die Schuhe
schieben: sie hatten sich korrekt und umsichtig verhalten und nicht herumgetrödelt.
Aber wenn ich drangeblieben wäre, hätte ich ihn sicher nochmal
fixieren können! dachte Jonna frustriert.
Sie bemühte sich, Cheroux gegenüber ihren Groll zu unterdrücken,
aber das gelang ihr nicht besonders gut.
"Sieh's mal so", sagte der Observer zu allem Überfluß.
"Jetzt weißt du wenigstens, daß er eben doch keinen Kokon
benutzt hat. Ich glaube nicht, daß er ein Mensch ist. Er ist sicher
nur ein Irrläufer."
"Er ist kein Irrläufer, und er
war in einem Kokon unterwegs. Er hat offenbar
gelernt, sich mit den Signaturen von Geräten zu tarnen, die gerade
nicht benutzt werden. Damit kann er uns fortan nach Belieben auf der Nase
herumtanzen. Der Kerl ist gefährlich!"
"Auch gut. Dann kannst du deine Jagd auf ihn ja fortsetzen. Ist doch
eine spannende Sache!"
Jonna war wie vor den Kopf geschlagen.
"Glaubst du etwa, daß das nur ein Spiel für mich ist?"
fragte sie bestürzt.
"Ich würde es mal so ausdrücken: du hängst dich ein
bißchen zu eifrig in diese Sache rein", sagte Cheroux. "Es
hat etwas von Besessenheit, verstehst du? Der Geist von Shangrilah und
die Außenwelt - allmählich hängen mir diese beiden Themen
zum Hals heraus!"
"Er ist kein Geist, sondern ein Dieb!"
schrie Jonna wütend.
"Dann fange ihn", erwiderte Cheroux ungerührt. "Aber
vorher hast du oben in der achten Ebene zu tun. Ein Lichtsammler ist ausgefallen.
Repariere ihn!"
<- eins
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