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Der nachstehende Artikel ist neben anderen interessanten Beiträgen im BÄRZIN Nr. 25 erschienen. Er beruht auf einer Vielzahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Dokumentationen, genau genommen auf allem, was ich zu den Themen "Zukunft der Erde" und "Zukunft des Universums" jemals gelesen habe, wobei insbesondere das Buch "In den Wüsten unserer Erde" von Uwe George (Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1976) und ein Artikel aus dem "Kosmos Himmelsjahr 2000 " großen Eindruck auf mich gemacht haben. "Bis ans Ende der Zeit" schildert natürlich nur eine der vielen Möglichkeiten dessen, was in der Zukunft mit der Erde, der Sonne, der Milchstraße und dem ganzen Rest passieren könnte. Es gibt andere Möglichkeiten, die genausogut zutreffen können. Deshalb müßte es in dem Artikel statt "ist" immer heißen "es könnte sein", "es wäre möglich" usw. Da sich das grauenhaft liest, habe ich darauf verzichtet, es jedesmal hinzuschreiben. Wer sich daran stößt, daß die anderen Theorien nicht gebührend berücksichtigt werden, der möge bitte bedenken, daß es darum ging, einen Artikel für das BÄRZIN zu schreiben - nicht gleich ein ganzes Lexikon.

   
 
Bis ans Ende der Zeit

Über die Zukunft unserer Zukunft

von Marianne Sydow
     

Ein chinesisches Sprichwort sagt: "Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst - es könnte in Erfüllung gehen."

Und es gibt in der Tat einen Wunsch, mit dem wir ganz besonders vorsichtig umgehen sollten: Sollte irgendeine Fee oder dergleichen versuchen, dir das ewige Leben aufzuschwatzen - setze dich erstmal in eine stille Ecke, denke ganz genau darüber nach und frage dich, was die vielgerühmte Ewigkeit wohl für dich bereithalten mag.

Denn Ewigkeit - das ist ein sehr kleines Wort für eine verdammt große Sache.

Und darum halten wir uns auch gar nicht lange mit der Frage auf, was die nahe Zukunft - die menschliche Zukunft - einem Unsterblichen bringen mag: Er wird etliche Kriege miterleben, alle möglichen technischen Neuerungen, große Entdeckungen, entsetzliches Leid, wissenschaftliche Triumphe - all jene Dinge, die eben offenbar unvermeidliche Bestandteile der menschlichen Zivilisation sind. Aber aus kosmischer Sicht ist das alles nur Kinderkram - Pipifax. Gemessen an der Ewigkeit wird die gesamte menschliche Geschichte selbst bei optimistischster Schätzung nicht länger als ein Blinzeln währen.


Denn die Evolution ist ein Prozeß, der sich nicht anhalten läßt. Selbst wenn wir es wider Erwarten nicht schaffen sollten, uns innerhalb der nächsten Jahrhunderte auf die eine oder andere Weise aus der Welt zu schaffen, so müssen wir doch damit rechnen, daß wir - Wissenschaft hin, Gentechnik her - früher oder später (sagen wir mal spätestens in drei bis vier Millionen Jahren) entwicklungstechnisch einfach nicht mehr mithalten können. Danach werden von der Menschheit bestenfalls noch ein paar Restvorkommen vorhanden sein, winzige Populationen, wie wir sie auch heute schon von anderen lebenden Fossilien her kennen.


Niemand kann heute vorhersagen, welche Art von Leben nach uns die Erde beherrschen wird. Was es auch sein mag: Es wird zeitlich so weit von uns entfernt sein, daß sich nichts und niemand mehr an uns erinnern wird. Wir werden vergessen sein, versunken in der Zeit. Bestenfalls wird man hier und da ein paar seltsame Artefakte ausgraben, mit denen niemand etwas anzufangen weiß - falls unsere Nachfolger überhaupt an Ausgrabungen interessiert sind. Möglicherweise gründen sie gar keine Zivilisation. Vielleicht sind sie nicht einmal intelligent in dem Sinne, wie wir das verstehen. Wenn sie es sind, haben sie vermutlich ganz andere Probleme zu bewältigen als die Entschlüsselung jener seltsamen Spuren und Funde, die wir ihnen hinterlassen werden.

Denn auch die gute alte Erde bleibt nicht, wie sie ist. Sie verändert sich. Die Kontinente stehen bekanntlich nicht still. Sie bewegen sich zwar nur mit einer Geschwindigkeit von wenigen Zentimetern pro Jahr über den Erdball, aber im Laufe von Millionen Jahren summieren sich diese jährlichen Zentimeterchen zu beträchtlichen Umwälzungen. Viel schlimmer ist jedoch, daß die Kontinente sich nicht nur in der Horizontalen bewegen, sondern sich auch heben - unaufhaltsam.


In der Frühzeit der Erde waren sie noch ganz flach. Die feuchten Winde, die übers Meer herangestrichen kamen, trugen den Regen bis weit in die Herzen der Kontinente hinein. Darum dehnten sich üppige Wälder, Sümpfe und ganze Binnenmeere an Orten, an denen wir heute nur noch Wüsten und unfruchtbares Gestein vorfinden.


Die Austrocknung dieser Gebiete begann,
als die großen Gebirgszüge sich infolge der Kontinentaldrift aufzufalten begannen. Dieser Prozeß wird sich fortsetzen. In dreihundert Millionen Jahren werden sich z.B. die Gebirgsketten am westlichen Rand des amerikanischen Kontinents zu gewaltigen Wällen von bis zu 12.000 Metern Höhe aufgetürmt haben. Das Leben wird sich fast ausschließlich auf die Ozeane und die schmalen Küstenstreifen zu Füßen dieser himmelhoch aufragenden Randgebirge beschränken.

Im Innern der Kontinente werden zu dieser Zeit Verhältnisse herrschen, die dem Leben nur noch wenig Chancen lassen. Im Windschatten der Gebirge werden sich gewaltige Wüsten ausbilden, geprägt von glühender Hitze bei Tag und klirrender Kälte bei Nacht. Allein schon diese Temperaturunterschiede werden ausreichen, um gewaltige Sand- und Staubstürme auszulösen, die von den Hochebenen herabfegen und das Leben auch in den Küstenregionen zumindest ziemlich schwierig gestalten. Die Gewalt der Erosion wird das Innere der Kontinente zu lebensfeindlichen Hochebenen abschleifen. Sturzflutartige Regenfälle, die alle paar hundert Jahre über das Innere des Kontinents hereinbrechen, werden tiefe Canyons in diese Ebenen fressen, aus denen sich vernichtende Fluten in die Küstenregionen ergießen
.

Die riesigen Wüsten auf den Hochebenen gefährden das Leben auf der Erde jedoch auch noch in ganz anderer Hinsicht. Denn Wüsten haben die unangenehme Eigenschaft, nur äußerst lückenhaft von Pflanzen bewachsen zu sein. Wo es wenig Pflanzen gibt, wird aber auch nur noch wenig Sauerstoff produziert. Dieser wenige Sauerstoff wird zu allem Überfluß auch noch zu einem beträchtlichen Teil gleich an Ort und Stelle von den Wüsten selbst aufgezehrt. Denn Sand und Gestein oxydieren. (Darum sind Wüsten z.B. rot vom Rost, wenn sie aus eisenhaltigem Gestein entstehen, oder schwarz, wenn das Ursprungsgestein Manganoxyd enthält). Hitze, Kälte und Wind brechen das Gestein auf, zerkrümeln es, schleifen es ab, und je feiner die Partikel werden, desto mehr Sauerstoff wird in Stein und Sand gebunden. Die Wüsten verrosten regelrecht und reißen dabei den Sauerstoff an sich, ohne den weder Tiere noch Pflanzen überleben können.

Der freie Sauerstoff in der Atmosphäre hat die Existenz von Leben außerhalb des Wassers auf unserer Erde überhaupt erst möglich gemacht. Er dient nicht nur unserer Atmung, sondern er fängt auch einen großen Teil der von der Sonne zu uns gelangenden UV-Strahlung ab. Sinkt der Sauerstoffgehalt der Luft, dann gelangt die gefährliche Strahlung in immer tiefere Schichten der Atmosphäre, bis sie schließlich sogar in die oberen Schichten der Meere hineinreicht. Das führt zur Zerstörung des Planktons. Die pflanzlichen Mitglieder dieser Mikroorganismen erzeugen weit mehr Sauerstoff als alle Landpflanzen zusammen - ihnen haben wir unsere kostbare Atmosphäre zu verdanken. Sie haben angefangen, die Lufthülle der Erde mit Sauerstoff anzureichern, ehe auch nur die allererste Mikrobe ein Pseudofüßchen an die damals noch gar nicht so frische Luft strecken konnte. Wird das pflanzliche Plankton zerstört, dann sinkt der Sauerstoffgehalt der Luft einem Wert entgegen, bei dem höheres Leben der uns vertrauten Art nicht mehr existieren kann. Nur einige zähe Mikroorganismen werden imstande sein, auch diesen Lebensbedingungen zu trotzen.


Aber die Veränderungen, die unserer Erde widerfahren, beschränken sich nicht auf geologische Vorgänge: Im Verlauf von Hunderten von Millionen Jahren kommen auch noch viel größere Zusammenhänge zum Tragen.


Die Gravitation des Mondes
bremst unaufhaltsam die Geschwindigkeit, mit der die Erde sich um ihre Achse dreht. Gleichzeitig verlangsamt sich natürlich auch der Rhythmus der Gezeiten - die nicht nur das Meer betreffen: auch der scheinbar so feste Boden unter unseren Füßen hebt und senkt sich in genau demselben Rhythmus. Man könnte es auch so ausdrücken: die ganze Erde mit allem, was sich auf und in ihr befindet, atmet gewissermaßen in ständiger Resonanz mit dem Mond.

Vor 440 Millionen Jahren, im Silur, als die ersten Pflanzen an Land gingen, hatte das Jahr noch 410 Tage von je 21 Stunden. 50 Millionen Jahre später, im Devon, umfaßte ein Jahr schon nur noch 395 Tage zu je 22 Stunden. In ungefähr 800 Millionen Jahren wird jeder Tag bereits ungefähr dreißig Stunden dauern, und das Jahr umfaßt nur noch 292 Tage. Etwa zur gleichen Zeit wird sich auch das innere Feuer der Erde weitgehend abgekühlt haben. All das zusammen wird bewirken, daß die Kontinentaldrift zum Erliegen kommt. Die Vulkane erlöschen, das Innere der Erde gibt keine Gase mehr frei, die die Atmosphäre auffüllen könnten, und es findet keine Gebirgsbildung mehr statt.


Die Erde ist von diesem Zeitpunkt an geologisch und tektonisch tot. Die Kräfte der Erosion gewinnen die Oberhand, die hohen Kontinente mit ihren Randgebirgen werden allmählich wieder abgetragen. Damit wird der Weg für die Regenwolken wieder frei, so daß es vorübergehend eine mildere, feuchtere Phase geben kann, in der das Leben noch einmal eine Chance hat. Der Mensch wird diese Zeit nicht mehr erleben. Nur wenige höher entwickelte Organismen werden sich bis in diese Phase hinein halten können.

Aber das Leben läßt sich nicht so leicht unterkriegen. Aus der Antarktis und anderen extremen Wüsten kennen wir z.B. Steine, die zu atmen scheinen: sie erzeugen ein wenig Sauerstoff bei Tag und verbrauchen ihn bei Nacht. Urheber dieser Erscheinung sind seltsame Flechten. Wie alle Flechten sind auch sie symbiontische Geschöpfe aus Algen und Pilzen. Sie leben im Innern der Steine, in einer ringförmigen Schicht nahe der Oberfläche. Dort zehren sie von dem Licht, das zu ihnen vordringt, und von dem Tau, der den Stein benetzt.


In ungefähr 3.5 Milliarden Jahren hat der Bremseffekt der Mondes die Rotation der Erde aufgehoben. Die Erde wird dem Mond dann stets die gleiche Seite zuwenden, und jede Erdumdrehung wird einen Monat lang dauern. Jeder Tag wird zwei Wochen lang sein, und auch die Nacht wird zwei Wochen lang währen. Die Tagseite wird sich stark aufheizen, die Nachtseite kühlt bis weit unter den Nullpunkt ab. Die heißen Luftmassen werden als gigantische Sand- und Staubstürme in die kalte Nachthälfte strömen und die Erde verwüsten.


Allmählich kommt dann auch unsere Sonne in die Jahre.


Die ersten Sonnen des Universums entstanden schon wenige Millionen Jahre nach dem Urknall. Da das Universum damals noch viel kleiner war als heute, war auch die Materie noch nicht so fein verteilt. Die meisten dieser frühen Sonnen dürften daher zu den großen, heißen Riesensternen gezählt haben. Solche Sterne gibt es auch heute noch - sie entstehen überall in unserem Universum. Sie gehen mit ihren Energievorräten sehr verschwenderisch um. Darum leben sie nur wenige Millionen Jahre. Unsere eigene Sonne ist - kosmisch gesehen - ein Stern der dritten Generation. Sie ist zur Zeit ca. 4.6 Milliarden Jahre alt, halb so alt wie unsere Milchstraße.

Die Sonne ist - rein technisch gesehen - nichts anderes als ein Fusionsreaktor, in dem Wasserstoff zu Helium verbrennt. Vereinfacht kann man sagen, daß zwei Atome Wasserstoff ein Atom Helium ergeben. Darum ist Helium schwerer als Wasserstoff. Das schwerere Helium sammelt sich im Kern der Sonne - es ist sozusagen die Asche im Sonnenofen, die nicht brennbare Schlacke, die nicht mehr am Fusionsprozeß beteiligt ist. Jene Schicht, in der die Kernfusion stattfindet, liegt über dem nicht brennbaren Kern und wird - je mehr Asche entsteht - immer weiter nach außen verlagert. Das gewaltige Gewicht der äußeren Schicht sorgt dafür, daß dieser atomare Verbrennungsprozeß langsam und gewissermaßen schwelend verläuft. In 4.5 bis 5 Milliarden Jahren wird sich jedoch die Fusionszone so nahe an die Sonnenoberfläche herangefressen haben, daß der Druck nicht mehr ausreicht - der Fusionsprozeß gerät außer Kontrolle, die Sonne bläht sich zu gewaltiger Größe auf.


Auf dem Höhepunkt dieses Ausbruchs wird sie über die Umlaufbahn des Merkurs hinausreichen - sie wird diesen Planeten förmlich verschlucken. Von der Erde aus wird sie zwanzigmal so groß aussehen wie jetzt. Die Hitze, die sie ausstrahlt, wird so stark sein, daß auf der Erde bei Temperaturen um 500 Grad Celsius die Ozeane kochen und verdampfen. Nur eine mehrere hundert Meter dicke Salzschicht wird von ihnen übrigbleiben. Die ins Ungeheuerliche steigende UV-Strahlung wird den Wasserdampf aufspalten. Der Wasserstoff wird in den Weltraum entweichen. Die Hitze beschleunigt die Oxydationsprozesse des Gesteins - der Sauerstoff wird aufgezehrt. Die Oberfläche der Erde gleicht danach in weiten Bereichen einem Klumpen ausgebrannter Schlacke.


Der Ausbruch wird nur relativ kurze Zeit dauern. Dann erlischt die Kernfusion des Wasserstoffs. Der schwere Kern aus Helium wird die Materie der äußeren Sonnenhülle an sich reißen: die Sonne wird in sich zusammenschrumpfen. Dadurch steigern sich die Hitze und der Druck im Innern unseres Sterns. Unter diesem ungeheuren Druck entzündet sich ein neuer Fusionsprozeß, in dem die Heliumatome zu Kohlenstoff verschmelzen.

Je schwerer die Atome sind, die miteinander fusionieren, desto mehr Energie wird bei ihrer Verschmelzung freigesetzt: Im Heliumfeuer brennt die Sonne bereits viel heißer als jetzt. Das beschleunigt den ganzen Prozeß: Schon nach etwa 2 Milliarden Jahren ist das Helium soweit verbraucht, daß es einen zweiten Ausbruch gibt, nach dem die Sonne sich wiederum zusammenzieht. Bei Temperaturen von weit über 110 Millionen Grad wird auf der dritten Stufe der Kohlenstoff atomar zu dem Element Neon verbrannt. Auf der Erde wird es in dieser Phase der Entwicklung so heiß sein, daß Bäche von geschmolzenem Blei und Seen aus kochendem Schwefel entstehen. In all dieser Zeit wird unser Stern mehrere instabile Phasen durchlaufen. Aus seinem Inneren werden vernichtende Mengen tödlicher Gamma- und Röntgenstrahlung hervorbrechen und alles Leben auf der Erdoberfläche auslöschen. Am Ende dieser Entwicklung wird die Sonne ein weißer Zwerg sein. Ein Kubikzentimeter aus ihrem Kern wird viele Tonnen wiegen. Die Masse unseres Sterns reicht jedoch insgesamt nicht aus, um über die Entstehung des Neons hinaus weitere Fusionsprozesse zu zünden. Das solare Feuer erlischt.


In dieser allerfernsten Zukunft, wenn die Sonne langsam verglüht, wird das Leben auf der Erde eine allerletzte Chance erhalten. Auf dem sich langsam wieder abkühlenden Planeten werden wahrscheinlich letzte Reste von Wasserdampf aus dem Erdinnern aufsteigen. Es wird wie ein kläglicher Abklatsch der Schöpfung sein: Der Wasserdampf wird sich abkühlen, kondensieren und sich als Wasser in den ehemaligen Becken der Ozeane sammeln. Das Wasser wird die dicken Salzschichten durchtränken. In den Salzkristallen der tieferen Schichten könnten Mikroorganismen die Zeit der tödlichen Strahlung überstanden haben, um nun in der rötlichen Dämmerung zu neuem Leben zu erwachen, sich zu entfalten und zu entwickeln, bis Dunkelheit und Kälte der Existenz des Lebens auf der Erde für alle Zeiten ein Ende setzen.

Nach vielen Milliarden Jahren, wenn die Sonne endgültig verglüht und zu einem Schwarzen Zwerg geworden ist, wird sie nur etwa ein Tausendstel ihrer gewaltigen Masse in Energie umgewandelt und abgestrahlt haben. Dieser Masseverlust ist viel zu gering, um ihre Gravitationskraft zu schwächen. Die Planeten werden den toten Stern daher auch weiterhin umkreisen. Auf der geologisch toten Erde passiert von da an so gut wie gar nichts mehr. Unser Planet ist nun - ohne innere Eigenwärme und ohne die Energie der Sonne - schutzlos der Kälte des Weltraums ausgesetzt. Es ist stockfinster auf Erden. Die fernen Sterne geben nur wenig Licht.

Unsere Sonne ist nur ein recht kleiner Stern. Andere Sonnen besitzen viel mehr Masse. Bei ihnen geht die gravitative Zusammenziehung immer weiter, und in ihrem Innern entstehen immer neue, immer schwerere Elemente. Jedes dieser Elemente liefert den Brennstoff für die nächste Stufe der Kernfusion. Neon-Atome verschmelzen bei Temperaturen von 800 Millionen Grad zu Magnesium. Bei 1.5 Milliarden Grad bilden sich Silizium, Schwefel und Phosphor. Während im Innern des Sterns immer schwerere Elemente entstehen, rücken die atomaren Brennzonen der leichteren Elemente schalenförmig nach außen. Bei den kurzlebigen Riesensonnen entwickelt dieser Prozeß eine so hohe Dynamik, daß mehrere Fusionszonen zur gleichen Zeit bestehen: Während außen noch die leichten Heliumkerne zu Kohlenstoff verschmelzen, verbrennen in der Nähe des Kerns bereits schwere Metalle, was zu ungeheuren thermischen Unterschieden zwischen den kugelförmigen Fusionsschichten führt.


Eine Sonne in diesem Stadium stellt nichts anderes dar als eine gigantische Atombombe. Und schließlich, bei Druck- und Temperaturverhältnissen, die sich jeder menschlichen Vorstellungskraft entziehen, brechen die atomaren Strukturen in sich zusammen. Der Stern implodiert, zieht sich zusammen. Die Temperatur in der nun unvorstellbar dichten Masse steigt auf bis zu 6 Milliarden Grad. In dieser atomaren Gluthölle entstehen u.a. die schweren Elemente Titan, Mangan, Eisen, Nickel und Kupfer. Dem ungeheuren inneren Druck hält der Stern nur kurze Zeit stand - dann explodiert er in einem atomaren Blitz ungeheuren Ausmaßes: Der Stern wird zur Supernova. Für einen kurzen Augenblick leuchtet er so hell wie 300 Millionen Sonnen.


Millionen von Jahren hindurch kochen diese riesigen heißen Sonnen aus dem flüchtigen Wasserstoff all jene Elemente zusammen, aus denen irgendwo, irgendwann in der Unendlichkeit des Raumes neue Planeten und neues Leben entstehen können. In einem einzigen riesigen Ausbruch bläst jeder der explodierenden Sterne eine ringförmige Wolke dieser schweren Elemente in das ihn umgebende All hinaus. Solchen Energieausbrüchen verdanken wir unsere Existenz: In den vielen Riesensonnen, die kurz nach dem Big Bang entstanden, wurden die schweren Elemente gebildet, aus denen unter anderem auch wir und unser Planet bestehen.

Die Reste der großen Sonnen ziehen sich zu Neutronensternen zusammen, ungeheuer schweren Objekten, die noch lange Zeit hindurch als Pulsare ihre Strahlung abgeben. Aus noch größeren Sonnen entstehen Schwarze Löcher - supermassereiche Gebilde, die so schwer sind und sich mit einem so hohen Gravitationsfeld umgeben, daß nicht einmal das Licht ihnen entkommen kann.


Über das Alter unseres Universums streiten sich die Gelehrten - die Schätzungen pendeln zwischen etwa zwanzig- bis dreißig Milliarden Jahren. Nach menschlichen Begriffen ist das Universum damit schier unvorstellbar alt. Nach kosmologischen Maßstäben ist es jedoch noch sehr jung, voll von Materie, die noch alle möglichen Prozesse durchlaufen kann - chemische und physikalische Vorgänge, die bisher einfach deshalb noch nicht stattgefunden haben, weil die Zeit dafür noch nicht gereicht hat. Diese kindliche Phase unseres Universums ist die Zeit der Trillionen strahlender Sonnen, die sich ordnen zu Sternenhaufen und Galaxien. Aus interstellaren Wolken von Gas und Staub werden ständig neue Sterne geboren - die Materie befindet sich noch immer in einem recht stürmischen Stadium der Entwicklung. Bei all dem dehnt sich das Universum ziemlich schnell aus. Alles entfernt sich voneinander. Nur die Massenanziehung bremst diesen Vorgang.

Eine Theorie besagt, daß die Gravitation die Ausdehnung des Universums eines Tages beenden wird, so daß das Weltall in sich zusammenfällt, bis alle Materie in einem "Big Crunch" zu einem superheißen und superschweren Feuerball zusammengepreßt wird. Danach könnte mit einem neuerlichen Big Bang alles wieder von vorne beginnen. Es deutet jedoch vieles darauf hin, daß die Gravitation in unserem Universum nicht ausreichen wird, um diesen Big Crunch herbeizuführen. Das würde bedeuten, daß wir in einem sich auf ewig ausdehnenden Kosmos leben.

Zwei Größen entscheiden darüber, ob es den Big Crunch geben wird oder nicht: die Ausdehnungsrate des Universums und die Gesamtheit der im Weltall vorhandenen Masse. Ist zu wenig Masse vorhanden, dann wird sich das Universum immer weiter ausdehnen. Anderenfalls wird es in sich zusammenbrechen. Was wir heute an leuchtender Materie im Weltall sehen können, entspricht nur etwa zehn Prozent der kritischen Dichte, die nötig ist, um einen Big Crunch auszulösen. Neueste Beobachtungen deuten darauf hin, daß die Ausdehnung des Universums sich sogar immer noch beschleunigt. Je weiter das Universum sich ausdehnt, desto geringer wird seine Masse im Verhältnis zu seinem Umfang. Das legt den Schluß nahe, daß kein Big Crunch zu erwarten ist. Die Expansion wird weitergehen.

Womit wir wieder bei dem hübschen Wörtchen Ewigkeit gelandet wären.


Es dauerte eine Milliarde Jahre, bis sich aus den Sonnen der Frühzeit die ersten Galaxien formten. Zu dieser Zeit wurden sehr viele Sterne geboren. Es entstanden die ersten Schwarzen Löcher in den Zentren der Galaxien, von Wirbeln extrem heißer Gase umgeben. Man kann sie noch heute sehen: als leuchtende Quasare, die gewaltige "Jets" aus Materie und Strahlung in das Weltall hinausschicken. Allerdings ist es nur das Milliarden von Jahren alte Licht, das uns erreicht. Die Schwarzen Löcher, die dieses Licht in der Frühzeit des Universums aussandten, sind wahrscheinlich längst verhungert, nachdem sie sämtliche Materie in ihrer Reichweite aufgezehrt hatten.

Obwohl das Universum sich immer weiter ausdehnt, deuten alle Beobachtungen darauf hin, daß die Materie andererseits dazu neigt, sich zusammenzuballen. Galaxien streben zueinander und sammeln sich zu Galaxienhaufen. Unser eigenes Milchstraßensystem wird sich dem Andromeda-Nebel in ca. 6 Milliarden Jahren soweit genähert haben, daß die beiden Sternensysteme schließlich miteinander verschmelzen. Nach einer Billion Jahre werden auch die meisten anderen Galaxien diesen Prozeß durchlaufen haben. Die wunderschönen Sternenwirbel, als die wir sie heute sehen, werden dann fast völlig verschwunden sein. An ihre Stelle treten gigantische, formlose Sternenmassen, die aus Hunderten von miteinander verschmolzenen Galaxien bestehen.

Danach wird das Sterben der Sonnen beginnen. Der für die Bildung neuer Sterne verfügbare Wasserstoff wird aufgebraucht sein, es werden keine neuen Sterne mehr geboren. Die großen heißen Sonnen verzehren sich eine nach der anderen und erlöschen. Die unserer eigenen Sonne ähnlichen Sterne haben eine größere Lebensdauer, rund zehn Milliarden Jahre - eine Weile werden sie noch in der unendlichen Schwärze leuchten, aber sie werden schon recht verloren wirken in einem immer düsterer werdenden, sich immer weiter ausdehnenden Universum. Wenn auch die sonnenähnlichen Sterne schon fast vollzählig erloschen sind, werden rote Zwergsonnen die hellsten Lichter in der Unendlichkeit sein. Diese kleinen Sterne haben nur etwa halb so viel Masse wie unsere eigene Sonne und können Billionen von Jahren lang brennen. Gegen Ende ihrer Existenz ziehen sie sich zusammen und strahlen für eine Weile ungefähr so hell, wie wir es von unserer Sonne her gewöhnt sind.


Nach ca. zehn Billionen Jahren erlöschen schließlich auch die letzten Sterne. Es wird dunkel im Universum. Von den erloschenen Sternenkörpern gehen noch infrarotes Licht und Radiostrahlung aus, aber sie sind für unsere Augen nicht sichtbar. Nach hundert Billionen Jahren wird auch diese unsichtbare Strahlung abklingen. Fast die gesamte schwere Materie des Universums konzentriert sich nun in Neutronensternen, Schwarzen Löchern und Schwarzen Zwergen - so nennt man die erkalteten Weißen Zwerge. Hinzu kommen erkaltete Planeten und Braune Zwerge, alle miteinander ausgebrannt und tot. Im ganzen Universum gibt es nichts mehr, das wärmer wäre als ein Grad über dem absoluten Nullpunkt. Da es kein Temperaturgefälle mehr gibt, gibt es auch keine dynamischen Vorgänge mehr. Alles erstarrt.


Die gigantischen Supergalaxien aus toten Sternen und gefrorenen Planeten lösen sich allmählich auf. Im Laufe der langen, langen Zeit wird es immer wieder einmal geschehen, daß erloschene Sterne einander zu nahe kommen, so daß ihre Planeten aus ihren Bahnen gerissen werden. Einsam driften diese verlorenen Welten durch das
All. Vielen Sternen wird bei solchen Begegnungen sogar die ihnen seit ihrer Entstehung innewohnende Bewegungsenergie entzogen. Sie können sich nicht mehr in ihren Umlaufbahnen um das Zentrum ihrer Galaxien halten. Viele treiben aus den Galaxien hinaus ins Leere. Andere stürzen in das Zentrum der Sternsysteme und verschwinden in den riesigen Schwarzen Löchern.

Nach zehn Trillionen Jahren haben sich die meisten Sterne nahezu regellos im Universum verteilt. Die Galaxien existieren nur noch ansatzweise. Vielfach bleiben nur noch die Schwarzen Löcher übrig, gigantische Ansammlungen von Millionen Sonnenmassen. Sie fangen umherirrende Planeten ein, saugen tote Sterne auf, nehmen dadurch immer noch an Masse zu, sorgen aber gleichzeitig dafür, daß das All immer leerer wird.


Es kann immer noch hier und da aufblitzen im Universum, wenn tote Sterne zusammenprallen und miteinander verschmelzen. Gelegentlich treffen sogar zwei Schwarze Zwerge aufeinander, ergeben gemeinsam genug Masse, um noch einmal einen Fusionsprozeß in Gang zu bringen. Dann leuchtet für ein paar Milliarden Jahre (nicht viel mehr als ein Wimpernschlag im Vergleich zu der unglaublich langen Zeit, die bis dahin bereits vergangen ist) ein einsamer Stern in der schier unendlichen Weite. Aber die Materie ist jetzt schon so dünn verteilt und das Universum hat sich zu einem so gigantischen Gebilde aufgebläht, daß derartige Ereignisse kaum noch eine Rolle spielen.


Es könnte aber durchaus sein, daß ein solcher Stern Planeten hat, von denen sich möglicherweise einer in der richtigen Entfernung zu seiner Sonne befindet. Dann könnte sich Leben entwickeln, vielleicht sogar intelligentes Leben. Man stelle sich das vor: Denkende Wesen schauen auf zu einem nächtlichen Himmel, der praktisch leer ist von allem, was Licht spenden könnte. Eine Sonne am Tag, vielleicht ein oder zwei Monde bei Nacht, dazu ein paar Planeten und möglicherweise einige Asteroiden - sonst nichts. Keine Milchstraße, keine strahlenden Sterne, keine fernen, leuchtenden Nebel, nur - schier unendlich weit entfernt - das eine oder andere kaum wahrnehmbar schwache Licht, das noch aus der Vergangenheit herüberscheint.


Nach hundert Trillionen Jahren haben sich die Galaxien fast vollständig aufgelöst. Dann sind die Sterne so weit voneinander entfernt, daß Kollisionen so gut wie ausgeschlossen sind. Noch immer bewegen sich viele tote Planeten um ihre erloschenen Sonnen, aber selbst die Bewegung in der Umlaufbahn kostet die Planeten Energie. Wenn diese kinetische Energie aufgezehrt ist, stürzen die toten Planeten in die längst erloschenen Sonnen. Auch die Erde wird dieses Schicksal erleiden, falls sie sich zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch an ihrem angestammten Platz befindet.


Nach zehn Quadrillionen Jahren verlieren nun auch immer mehr der längst erloschenen Sonnen ihre Bewegungsenergie. In langen Spiralbahnen, auf einer Millionen Jahre langen Reise, stürzen sie den Zentren der Sternsysteme entgegen.

Die Schwarzen Zwerge saugen die Dunkle Materie in sich auf. Dabei werden die toten Sterne noch einmal auf -209 Grad "aufgeheizt". In einer Quintillion Jahre wird auch diese Energiequelle versiegen. Die Schwarzen Zwerge kühlen sich wieder bis nahe an den absoluten Nullpunkt ab.

Nach hundert Quintillionen Jahren stirbt die Materie, denn selbst die Protonen, aus denen sich die Kerne der Atome aufbauen, leben nicht ewig. Sie zerfallen zu Positronen, Neutrinos, Gamma-Photonen usw. Durch diesen Zerfallsprozeß werden all die ausgebrannten Sonnen, alle toten Planeten, alle Neutronensterne, alle kosmischen Staubpartikel und selbst die restlichen Spuren interstellarer Gase aufgelöst. Nur die Schwarzen Löcher existieren noch in einem gähnend leeren, zu unvorstellbarer Größe aufgeblasenen Universum.


Und dann geht es selbst den Schwarzen Löchern an den Kragen. Einzelne Elementarteilchen schaffen es seit eh und, ihnen zu entkommen. Das spielte bisher jedoch keine Rolle, weil jedes Schwarze Loch mehr Materie in sich aufsog, als ihm durch die quantenmechanische Verdampfung verlorenging. Jetzt aber gibt es nur noch alle hunderttausend Lichtjahre ein Elementarteilchen. Die Schwarzen Löcher verlieren mehr Masse, als sie ergänzen können. Sobald aber ein Schwarzes Loch eine bestimmte kritische Masse unterschreitet, detoniert es im Bruchteil einer Sekunde und vergeht in einem Schauer von Gamma-Photonen. Zuerst - hundert Dezilliarden (das sind 10 hoch 65 Jahre nach unserer Zeit) - verdampfen die stellaren Schwarzen Löcher, deren Masse ungefähr der einer Sonne entspricht. Wenn alle stellaren Schwarzen Löcher verdampft sind, geschieht im Universum eine schier endlos lange Zeit hindurch so gut wie gar nichts mehr. Erst nach 10 hoch 98 bis 10 hoch 100 Jahren zerstrahlen auch die supermassereichen Schwarzen Löcher, die einst die Kerne der Galaxien bildeten.

Die Ära der Schwarzen Löcher hat bis zu diesem Zeitpunkt das 10 hoch 90-fache des heutigen Weltalters gedauert. Nun ist es auch diese Ära zu Ende. Das Universum enthält jetzt nur noch Photonen, Neutrinos, Elektronen und Positronen in einer unglaublich schwachen Konzentration. Nur alle paar Millionen Lichtjahre kann man auf ein einzelnes dieser Teilchen stoßen.


In den darauffolgenden Äonen von Jahren wird es sterbenslangweilig im Universum. Ganz selten bilden je ein Elektron und ein Positron ein sogenanntes Positronium, indem sie einander umkreisen. Die Umlaufbahnen der Elementarteilchen haben dabei ungefähr den Umfang unserer heutigen Galaxien, und auch sie sind nicht stabil. Die Teilchen senden Photonen aus, verlieren an Energie, nähern sich in Spiralbahnen, bis sie sich nach schier endlos langer Zeit berühren und in einem winzigen Lichtblitz vergehen. Schließlich bleiben nur noch Photonen und Neutrinos übrig. Deren Konzentration nimmt durch die unaufhaltsam fortschreitende Expansion immer weiter ab, bis nur noch knapp ein einziges Photon auf einen Raum von der Größe des heute bekannten Universums kommt.


Von da an passiert gar nichts mehr. Das Energieniveau strebt dem Nullpunkt entgegen.

Die Zeit hört auf zu existieren - die endgültige Ewigkeit beginnt...


ENDE

(©) by Marianne Sydow 2001

     
   
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
 
 
   
 
 
 
 
 
   
 
   
 
 
 
 
 
   
 
   
 
   
 
   
 
 
 
   
 
   
 
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