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Manchmal geschehen so sonderbare Dinge, daß ich denke: das sollte
ich eigentlich aufschreiben. Bis jetzt war ich zu faul dazu (oder besser:
zu beschäftigt), aber das soll sich jetzt ändern, denn es sind
Geschichtchen dabei, die mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Dabei geht
es diesmal nicht um dummdreiste Politiker, durchgeknallte Wissenschaftler
und sonstige menschliche Fehlleistungen, sondern um Ereignisse aus der
Natur, z.B. in meinem merkwürdigen Garten. Wo immer es geht, werde
ich das eine oder andere Foto dazufügen.
Ein denkwürdiger Anblick bot sich mir z.B. im Dezember 2007. Da entdeckte
ich auf der Heimfahrt auf dem Gehweg links voraus eine unserer typischen
schwarzweißen Dorfkatzen, die etwas Schweres trug. Von weitem erschien
das, womit die Katze sich da so heftig abplagte, ebenfalls schwarzweiß.
Und es war ziemlich groß, mindestens so groß wie die Katze
selbst.
Natürlich bot sich der Gedanke an: ein Junges. Aber im Dezember?
Das wäre schon mal ungewöhnlich. Und dann diese Größe
- du lieber Himmel, was für ein riesiges Kind! Selbst eine total
muttertriebsgesteuerte Katze wäre nicht so verrückt, ein Kind
dieser Größe durch die Gegend zu schleifen - das müßte
gefälligst die eigenen Pfoten benutzen!
Je näher ich kam, desto seltsamer wurde dieser Anblick. Und dann
entdeckte ich: die Katze schleppte keineswegs ein Kind, sondern - eine
Plastiktüte. Eine mit Inhalt.
Was drin war, konnte ich leider nicht erkennen. Ich kam im Auto dahergefahren,
und mir war klar, daß die Katze sofort die Flucht ergriffen hätte,
wenn ich angehalten hätte und ausgestiegen wäre. Ich konnte
nur langsam und behutsam heranrollen und dann - ja, nix da mit "dann":
die Kamera hatte ich zu Hause gelassen (darf man niemals tun!!!)
Der Katze war ich bei aller Vorsicht trotzdem nicht ganz geheuer. Sie
war sowieso schon nervös genug, schielte mißtrauisch über
ihre Plastiktüte hinweg um sich und verdrückte sich bei der
erstbesten Gelegenheit seitwärts in Richtung Bach. Ich würde
zu gerne wissen, was sie in ihrer Tüte hatte!
Ich habe noch nie gesehen, daß eine Katze so etwas getan hat - Plastiktüten
schleppen. Allerdings hatte ich es schon mal mit einem Katzenkind zu tun,
das eine große Vorliebe für Frottee-Latschen hegte. Die sind
zwar sehr bequem, saugen sich aber natürlich sofort mit Wasser voll,
wenn man mit ihnen bei feuchtem Wetter auch nur einen einzigen Schritt
weit aus dem Haus geht (ich wollte, ich hätte auch nur ein einziges
Handtuch, das so extrem saugfähig ist, wie diese speziellen Latschen!).
Darum pflege ich sie an der Tür auszuziehen und in wasserdichtes
Schuhwerk umzusteigen.
Das
merkte sich der kleine Racker. Anfangs trieb er sein Spiel stets hinter
meinem Rücken, und ich wunderte mich, was mit meinen Latschen passierte
- mindestens drei sind mir abhanden gekommen (verlegt, dachte ich, irgendwo
ausgestiegen und stehengelassen), ehe ich merkte, daß ich es mit
einem gerissenen kleinen Dieb zu tun hatte. Schon bald wurde er mutiger.
Kaum öffnete ich die Tür, flitzte er an mir vorbei, schnappte
sich einen Latschen und raste davon wie vom Affen gebissen.
Nun sind diese Dinger ziemlich groß (die Sorte, die für nahezu
alle Schuhgrößen paßt, unter anderem auch für Besucher
aller Art sehr gut geeignet), und das Katzenkind war noch recht klein.
Es sah sehr seltsam aus, wenn es - den Latschen quer im Mäulchen
- mit seiner Beute davonwetzte. Aber trotz der wirklich hohen Nutzlast
war das kleine Ding erstaunlich flink auf den Beinen. Ich hatte meine
liebe Mühe, meinen Latschen zurückzukriegen, ehe er irgendwo
im Gelände verschütt ging.
Es ist irgendwie frustrierend, wenn man in einer naßkalten Nacht
mit langen Sprüngen hinter so einer Mini-Katze herjagt, um einen
total durchgeweichten Latschen aus den Brennesseln zu fischen. Einerseits
kam ich mir wie ein Spielverderber vor, aber andererseits gingen mir allmählich
die Besucherlatschen aus.
Auch Handfeger sind eine sehr beliebte Beute. Wenn einer davon in einem
Eimer mit Gartenabfällen stehenbleibt, hat er mit seinen Borsten
für die Katzen offenbar große Ähnlichkeit mit den in der
Wiese heimischen Schermäusen. Folgerichtig wird er zuerst weggeschleppt
und dann auf seine Eßbarkeit hin untersucht. Wenn ich Glück
habe, merkt die Katze noch vor Erreichen der Pferdeweide hinter meinem
Grundstück, daß sie mitnichten eine leckere Beute, sondern
ein nutzloses Haushalts-Utensil erwischt hat (Menschen sind halt komische
Viecher und geben sich mit Sachen ab, deren Sinn und Zweck einer Katze
völlig unerklärlich bleiben). Ich bevorzuge Handfeger aus knallrotem
Plastik. Trotzdem bleiben manche auf ewig verschwunden.
Auch Gartenkissen kann ich hier nicht im Freien liegen lassen. Eines hat´s
besonders schlimm erwischt: Ein Fuchs hat es sich gekrallt, es in die
naßgeregnete Wiese geschleppt und es heftig und kräftig parfumiert.
Das gute Stück liegt jetzt in meiner offenen Gartenwerkstatt (in
der es zur Zeit sowieso ausgesprochen wüst ausschaut) und stinkt
dort vor sich hin.
Apropos Fuchs: In einer Frostnacht 2008 stoffelte ich spät nachts
noch mal in meinen Heizungskeller - Hochwasser, die Pumpe hatte stundenlang
gearbeitet. Jetzt schaltete ich sie aus und holte den Schlauch ein. Ich
war gerade damit fertig, da gab es plötzlich ein Geräusch, das
ich noch nie zuvor gehört habe. Es war eher ein Schrei, als ein Bellen,
ziemlich tief, in der nächtlichen Stille sehr laut, sehr heftig.
Ein Hund war das nicht, und nach einem Fuchs hörte es sich eigentlich
auch nicht an.
Ich stand in der Kälte und wartete. Das Geschrei ging weiter, von
links nach rechts, immer zwischen Birnbaum und Scheune hin und her. Da
es dunkel war, konnte ich nicht sehen, was es war. Auf keinen Fall war
es so groß, wie man nach Stimmlage und Lautstärke hätte
vermuten können - ungefähr so groß wie ein Fuchs, schätze
ich. Da ich mich mucksmäuschenstill verhielt, kam es immer wieder
näher, mit geräuschvollem Schnüffeln und einem seltsamen,
glucksenden Schlucken dazwischen. Aber es erschrak immer wieder vor seinem
eigenen Mut und zog sich hastig wieder zurück. Schließlich
gab ich - nahezu steifgefroren - auf.
Am nächsten Morgen sah ich zumindest, was es gesucht hatte: ich hatte
im Birnbaum ein paar Meisenknödel befestigt - die waren alle miteinander
verschwunden, und ihre Hüllnetze lagen leergefressen im Gras.
Die Meisenknödel hingen ziemlich hoch - ein bißchen sehr hoch
für einen Fuchs. Vielleicht war es trotzdem einer - einer, dem der
Hunger buchstäblich auf die Sprünge half. Aber sicher bin ich
mir nicht.
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